Was bedeutet öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ?

Die Bezeichnung "Sachverständige/r" ist gesetzlich nicht geschützt, so dass sich jeder diesen Titel selbst verleihen darf.

Um staatlich anerkannte von den selbsternannten Sachverständigen abzugrenzen, sieht die deutsche Gesetzgebung die sogenannte "öffentliche Bestellung" vor. Sie bescheinigt einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, dass er auf einem bestimmten Fachgebiet besonders qualifiziert ist und beim zuständigen Fachverband und Handwerkskammer eine besonderen Sachkunde in einem speziellen Fachgebiet nachgewiesen hat. Die Bezeichnung "öffentlich bestellter und vereidigte/r Sachverständige/r" (nachfolgend abgekürzt: "öbuv Sachverständige/r") ist nach § 132 a des Strafgesetzbuchs gesetzlich geschützt.

Vereidigung zur öbuv Sachverständigen bei der HWK Düsseldorf März 2014

Zudem wurden öbuv-Sachverständige von der Handwerkskammer darauf vereidigt, bei der Erstellung des Gutachtens neutral, unabhängig und unparteiisch zu handeln. Im Vertrauen auf diesen geleisteten Eid werden öbuv-Sachverständige bei Gerichtsverfahren zur Erstellung von Gerichtsgutachten herangezogen. Die Auftraggeber können sich somit auf deren Ergebnisse verlassen. Daher werden öbuv-Sachverständige als Gerichtsgutachter bevorzugt beauftragt, als objektive Entscheidungsgrundlage akzeptiert und hoch geschätzt.

Voraussetzung für die Tätigkeit als öffentlich bestellte/r und vereidigte/r Sachverständige/r ist eine mehrjährige Berufserfahrung, fachliche Kompetenz, eine überdurchschnittliche fachliche Expertise auf einem speziellen Gebiet und der erbrachte Nachweis einer besonderer Sachkunde. Um die öffentliche Bestellung zu erhalten, müssen sich öbuv-Sachverständige einem aufwändigen Prüfverfahren bei der zuständigen Handwerkskammer und dem zuständigen Fachverband unterziehen. Während ihrer Tätigkeit stehen öbuv-Sachverständige unter ständiger Aufsicht der Handwerkskammer.

Die/der öbuv-Sachverständige muss sich auf dem Sachgebiet, für das sie/er öffentlich bestellt und vereidigt wurde, ständig fortbilden und ihr/sein Grundwissen durch zusätzliches Fachwissen erweitern. So wird durch den Besuch von Fachseminaren die Qualifikation der/des Sachverständigen ständig erweitert.


Wie unterscheiden sich Gerichts-, Privat- und Schiedsgutachten?

Die/der öbuv-Sachverständige wird sowohl bei gerichtlichen als auch außergerichtlichen Verfahren tätig. Es ist empfehlenswert, dass sich die Parteien außergerichtlich und einvernehmlich auf eine Beilegung der Streitigkeiten verständigen, um eine kosten- und zeitintensive gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Mit Hilfe seiner Gutachten können gerichtliche Streitigkeiten vermieden oder falls es dazu kommen sollte, richtige und gerechte Entscheidungen getroffen werden.

Beim außergerichtlichen Verfahren gibt es die Möglichkeit des Schlichtungsgesprächs, des Schiedsgutachtens oder eines Privatgutachtens.

Bei einem Schlichtungsgespräch kann schnell und für beide Seiten eine Lösung gefunden werden, ohne dass der Streit eskaliert. Dieses Gespräch findet in Anwesenheit beider Parteien statt, bei dem die/der Sachverständige als Berater/Schlichtungsinstanz beiwohnt. Aufgabe und Ziel der/des öbuv-Sachverständigen in einem Schlichtungsgespräch ist es, die Parteien bei einer einvernehmlichen Beilegung der Unstimmigkeiten zu unterstützen, den Sachverhalt zu klären, fachliche Fehler, Forderungen und Lösungsvorschläge zu besprechen und Missverständnisse auszuräumen. Die/der öbuv-Sachverständige moderiert den Einigungsprozess als neutrale und fachlich versierte Person. Am Ende des Schlichtungsgespräches erfolgt grundsätzlich eine Empfehlung an die teilnehmenden Parteien. Es erfolgt kein Gutachten und keine schriftliche Schiedsvereinbarung. Die Kosten eines Schlichtungsgespräches sind von beiden Parteien anteilig zu tragen.

Beim Schiedsgutachten dient die/der öbuv-Sachverständige als Schiedsgutachter/in und erstellt ein neutrales und unabhängiges Gutachten. Ziel ist es, mit beiden Parteien in einem gemeinsamen Gespräch, Vorschläge zu erarbeiten und einen gemeinsamen Einigungs- und Lösungsprozess zu finden. Die Vereinbarungen beider Parteien werden in Form eines Schiedsgutachtens dokumentiert. Hier wird keine rechtliche Entscheidung getroffen und kein Urteil gesprochen, sondern ein Gutachten mit verbindlicher Feststellung von Tatsachen erstellt. An diese Schiedsgutachten sind auch Gerichte in einem späteren Verfahren gebunden, es sei denn, die Begutachtung ist offensichtlich unrichtig. Die Auswahl des Schiedsgutachters kann durch die Parteien oder durch die Handwerkskammer erfolgen. Die Kosten eines Schiedsgutachtens sind von beiden Parteien anteilig zu tragen.

Bei einem Privatgutachten erteilt nur einer der beiden Parteien der/dem Sachverständigen den Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens. Daher nennt sich ein Privatgutachten auch Parteigutachten. Es dient zur Bekräftigung der Durchsetzung der Ansprüche im außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahren sowie zur Vorbereitung eines gerichtlichen Verfahrens, um später die Beweisfragen im Antrag zielführend formulieren zu können. Ein Privatgutachten ersetzt jedoch kein Gerichtsgutachten. Die gegnerische Partei oder das Gericht muss das Privatgutachten nicht akzeptieren und kann auf ein Gerichtsgutachten von einer/einem vom Gericht gewählten öbuv Sachverständigen bestehen. Auch kann ein Privatgutachten dazu genutzt werden, die Beweiskraft eines Gerichtsgutachtens abzumildern und/oder die Einholung eines Obergutachtens zu bewirken. Die/der privat beauftragte Sachverständige könnte bei einem gerichtlichen Verfahren auch als sachverständiger Zeuge auftreten. Die Kosten für ein Privatgutachten hat der/die Auftraggeber/in zu tragen und werden (im Gegensatz zu einem Gerichtsgutachten) i.d.R. nicht von der Haftpflicht- oder Rechtsschutzversicherung übernommen.

Zu einem Gerichtsgutachten kommt es, wenn zwischen den Parteien alle Versuche einer gütlichen Einigung scheitern und eine Partei ein gerichtliches Verfahren einleitet. Hier beauftragt das Gericht zur Klärung der Sachfragen eine/n öbuv-Sachverständige/n  zur Erstellung eines Gerichtsgutachtens. Dieses Gutachten unterstützt die Entscheidungsfindung des Gerichts. Es dient als Beratung und Helfer des Richters, wirkt aber nicht an der eigentlichen Entscheidung/Urteil mit. Die Kosten trägt meist die Haftpflicht- oder Rechtsschutzversicherung des Beklagten.

Was kostet ein Schlichtungsgespräch oder Gutachten?

Ein Schlichtunggespräch, welches kein Gutachten beinhaltet, wird pro Stunde abgerechnet. Die Kosten eines Gutachtens sind abhängig vom Aufwand der Gutachtenerstellung, z.B. wie umfangreich und zeitaufwendig die Vorbereitung und Ausarbeitung des Gutachtens ist, wieviel Seiten das Gutachten umfasst (meist 30-35 Seiten), wieviel Zeit die Inaugenscheinnahme in Anspruch nimmt oder ob Anfahrtskosten anfallen. Der Inhalt und Umfang eines Gutachten sind annäherend identisch, unabhängig ob es sich um ein Schieds-, Privat- oder Gerichtsgutachten handelt. Beim Gerichtsgutachten findet das JVEG (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz) Anwendung, in dem für jede Berufsgruppe bestimmte Honorare festgelegt sind und welche Kosten in welche Höhe berechnet werden dürfen. Bei einem Privatgutachten oder Schiedsgutachten ist die JVEG für die/den Sachverständige/n nicht verbindlich, hier kann sie/er bei Vertragsabschluss den Umfang und Höhe seines Honorars frei bestimmen. Die Kosten eines Gutachtens betragen je nach Art, Aufwand und Umfang 1.200,00 bis 1.700,00 €.

Wer übernimmt die Kosten eines Gutachtens?

Gutachten, die für außergerichtliche Verfahren (Privatgutachten, Schlichtungsgutachten, Schiedsgutachten) erstellt werden, werden i.d.R. nicht von einer Betriebs-, Privathaftpflicht oder Rechtsschutzversicherung übernommen, so dass der Auftraggeber die Kosten selbst zu tragen hat. Bei Gutachten hingegen, die einem gerichtlichen Verfahren (Klage oder selbständiges Beweisverfahren) dienen, d.h. bei einem Gerichtsgutachten, übernimmt  i.d.R. einer dieser o.g. Versicherungen die Kosten. 

Wo finde ich eine/n Sachverständige/n in meiner Region?

Fragen Sie bei Ihrer ansässigen Handwerkskammer nach oder schauen Sie in die Sachverständigendatenbank des Handwerks, in der alle Sachverständige von den Handwerkskammern eingetragen sind:   https://www.svd-handwerk.de/suche.php

Dort bitte in der Suchmaske "Kosmetik" eingeben, da Permanent Make up unter dem Kosmetikerhandwerk geführt wird. In der Liste der aufgeführten Sachverständigen ist dann vermerkt, ob die/der Sachverständige auch für den Bereich Permanent Make up zuständig ist.